Unser erstes Hörbuch – Ein Blick hinter die Kulissen

Barbara Maria Bernhard bei der Hörbuchaufnahme: ©Barbara Maria Bernhard

Der Hörbuchmarkt wächst in Deutschland rasant. Egal ob Roman, Sachbuch oder Ratgeber – immer mehr Menschen wählen das alltagstaugliche Audioformat. Wir folgen diesem Trend und haben einen Klassiker aus dem Henschel-Programm ins Audioformat übertragen: Das fundierte Handbuch »Sprechtraining für Schauspieler« der Sprecherzieherin Barbara Maria Bernhard lässt sich nun auch als Hörbuch-Download und auf Streaming-Plattformen anhören.

Es richtet sich an Studierende im Fach Schauspiel sowie an professionelle Schauspieler:innen und bietet ein umfangreiches Übungsprogramm für Körper, Stimme und Gehör. Eingesprochen wurde es von der Autorin selbst sowie von erfahrenen Sprecher:innen, die die verschiedenen Sprechtechniken und Textbeispiele abwechslungsreich präsentieren.

Im Interview erzählen uns Barbara Maria Bernhard und der Produzent Michael Schallmayer von Ihren Erfahrungen bei der Hörbuchproduktion.

HERZLICH WILLKOMMEN BARBARA MARIA BERNHARD UND MICHAEL SCHALLMAYER!

Frau Bernhard, im „Sprechtraining für Schauspieler“ geht es viel um die Gesundheit der Stimme. Wie geht es Ihnen und Ihrer Stimme heute? Haben Sie heute schon ein stimmliches Warm-up gemacht?

Barbara Maria Bernhard: „brrrrrrrr, mmmmmm, jaaaaa“ ich habe meine Stimme heute schon mit den Studierenden im Unterricht professionell aufgewärmt. Ihr geht es deshalb prächtig und ich hätte gerade Lust, ein wenig aus Kafkas Verwandlung vorzulesen!

Wunderbar! Dann können wir ja direkt loslegen, wenn auch mit einer eher wenig kafkaesken Frage. Als ausgebildete Sprechtrainerin sind Sie Expertin auf dem Gebiet des Sprechens und der Stimme. Sie unterrichten angehende Schauspieler:innen am Max Reinhardt Seminar in Wien und arbeiten als Sprechtrainerin für Hörfunk- und Fernsehredakteure. Sie haben Ihr Buch für das Audioformat selbst eingesprochen. Worauf muss man besonders achten, wenn man ein Hörbuch einspricht?

Barbara Maria Bernhard: Der gedachte Kontakt zum Gegenüber ist am Mikrofon das Wichtigste. Ich spreche im Tonstudio für Personen, die ich nicht sehe und kenne, und die mich nicht sehen. Es entsteht dadurch beim Audiobook eine neue, besondere Art von Nähe – gleichsam eine Intimität über das Gehör, ähnlich wie beim Telefonieren, nur eben ohne Antworten!

Das Audiobook ist etwas mehr als 5 Stunden lang und ermöglicht ein intensives Hörerlebnis. Welche Vorteile gegenüber der gedruckten Ausgabe hat das Audio-Format in Ihren Augen?

Barbara Maria Bernhard: Sie meinen in meinen Ohren?! Bei diesem Audiobook kann man meine Methode mit Übungen hörend erleben und gleich aktiv mitmachen. Das Audiobook ist an eine Unterrichtssituation angelehnt und praxisnah gestaltet. Das gedruckte Buch ist aber als Visualisierung auf jeden Fall eine gute Ergänzung!

Für die im Hörbuch vorgestellten Übungen haben Sie mit Studierenden des Max Reinhardts Seminars zusammengearbeitet. Wie verlief diese Kooperation?

Barbara Maria Bernhard: Ich habe zum Glück sehr engagierte Studierende, die sich in den Semesterferien für diese Studioproduktion zur Verfügung gestellt haben. Da sie schon Mikrofonerfahrung aus dem Unterricht mitbringen, verlief alles glatt und es gab nur positive Überraschungen!

Das „Sprechtraining für Schauspieler“ stellt zahlreiche Übungen für Stimme und Gehör vor – mit teilweise kuriosen Namen wie Schoko-Nikolaus, Schafsgericht oder Tennisball. Gab es Herausforderungen bei der Vertonung dieser Sprechübungen?

Barbara Maria Bernhard: Bei diesen Übungen wird die Imaginationskraft der Übenden genutzt. Für Schauspieler und Schauspielerinnen ist es alltäglich, mit lustigen und skurrilen Bildern zu arbeiten und das Körperempfinden und die Kreativität anzuregen!

Michael Schallmayer im Tonstudio: ©Michael Schallmayer

Michael Schallmayer, Sie sind Produzent für Musik und Werbemusik. Was war für Sie besonders an dieser Hörbuchproduktion für Schauspieler:innen?

Michael Schallmayer: Der kreative Schaffensprozess ist bei einer Hörbuch-Produktion im Tonstudio kleiner als bei einer musikalischen Vertonung eines Videos beziehungsweise bei einer Komposition. Dafür benötigt es hohe Konzentration und Genauigkeit, um eine kontinuierliche Aufnahme in optimaler Qualität zu gewährleisten. Das Recording des Textes ist naturgemäß relativ monoton, aber jeder Absatz, jedes Wort ist bedeutend und muss passen.

Besonders war, Barbara bei der Arbeit mit ihren Student:innen zu erleben und zu sehen, auf welche Feinheiten dabei geachtet wird und wieviel Know-How und Technik in einer gelungenen Interpretation eines Textes stecken, abgesehen vom reinen Klang der Stimme.

Ich habe außerdem genossen, dass mir das Buch – dessen Inhalt auch für Musiker:innen, speziell für Sänger:innen von Interesse ist – von Barbara vorgelesen wurde und ich dadurch mitlernen durfte.

Wie sieht so ein Aufnahmetag aus? Wie lange haben die Studioaufnahmen gedauert?

Barbara Maria Bernhard: Wir haben die Textportionen auf mehrere Tage verteilt. Für die Beispieltexte kamen die Studierenden in Sprechteams ins Studio. Dort geht es dann gleich zur Sache. Wertvolle Studiozeit wird voll genutzt. Die vorbereiteten Texte werden mehrmals in unterschiedlichen Varianten aufgenommen und im Schnitt die beste Variante ausgewählt.

Herr Schallmayer, können Sie uns einen kurzen Einblick in den Bearbeitungsprozess geben, von der Aufnahme bis zur finalen Produktionsdatei?

Michael Schallmayer: Um trotz der Länge des Inhaltes (im Vergleich zu einem Musikstück) konzentriert und genau zu arbeiten, haben wir den Text in mehrere kleine Einheiten unterteilt und pro Session maximal zwei bis drei Stunden aufgenommen. Auch das Editieren, also der Schnitt, ist zeitaufwendig. Kurze Versprecher und Absätze, die mehrmals eingesprochen wurden, müssen rausgeschnitten und die passenden Passagen aneinandergefügt werden, sodass der Text wie aus einem Guss klingt. Dann geht es an die Bearbeitung: Die Lautstärke benötigt manchmal Nachjustierung. Gegen Ende der Sprachrecordings hab’ ich ein paar Varianten der Jingles produziert und die finale Auswahl eingebettet. Vor Abgabe an den Verlag haben Barbara und ich das Gesamtwerk nochmal zur Kontrolle durchgehört.

Wie wir bereits gehört haben, arbeiten Sie beide viel mit  Sprecher:innen zusammen.  Welche Sprecher:innen inspirieren Sie am meisten? Gibt es Stimmen in der Schauspielgeschichte, die Sie besonders eindrucksvoll finden?

Michael Schallmayer: Aus der Zeit als ich mit meinen Kindern bei Autofahrten Hörbücher gehört habe, ist mir die Stimme von Karl Merkatz als Sprecher des Hörbuches „Gularabulu“ in bleibender Erinnerung – seine Erzählweise hatte dabei etwas Geheimnisvolles und Exotisches und war ein krasser Gegensatz zu seiner Darbietung des Edmund Sackbauers, des „echten Wieners“, als den ich ihn aus meiner Kindheit kannte.

Barbara Maria Bernhard, die Stimme ist nicht nur im Berufalltag für Schauspieler:innen essenziell, wir alle sind mehr oder weniger auf sie angewiesen. Wenn Sie den Leser:innen abschließend 3 Tipps für eine gesunde Stimme mit auf den Weg mitgeben könnten, welche wären das?

Barbara Maria Bernhard:

  1. Stille braucht der Mensch!
  2. Zu Hause sich selbst Gedichte vorlesen!
  3. Mit dem bewussten Atmen fängt alles an!

 

Vielen Dank für das Interview!

 

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